Der Busfahrer Marco Osterloh vor einem Bus der Hochbahn AG

Marco Osterloh © HOCHBAHN

Wir reden miteinander

Zum Auftakt von Gesprächen zwischen dem ADFC und der Hamburger Hochbahn, die maßgeblich für den innerstädtischen Busverkehr zuständig ist, schildert Busfahrer Marco Osterloh seine Sicht.

Herr Osterloh, Sie sind jetzt seit 13 Jahren Busfahrer, und seit zwei Jahren bilden Sie als Lehrfahrer auch Busfahrer aus. Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Situation auf der Straße verändert?

Insgesamt sind viel mehr Radfahrer*innen unterwegs – aber die Infrastruktur hat sich auch verändert. Für Fahrräder gibt es jetzt mehr Platz auf der Straße, und dieser wird auch vermehrt genutzt. Meiner Meinung nach ist die Infrastruktur entscheidend, und da hat sich in Hamburg einiges getan. Wenn die Infrastruktur vernünftig ist, wird auch vernünftig gefahren.

Beruflich fahren Sie Bus, sind im Alltag aber gern mit dem Rad unterwegs, insofern kennen Sie beide Seiten. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?

Ich finde, dass sich das Klima auf der Straße verbessert hat. Nach meinem Eindruck sind Radfahrer*innen inzwischen auch besser ausgestattet, das heißt, fast alle haben Licht und gut sichtbare Kleidung. Und Sichtbarkeit ist für uns Busfahrer ganz wichtig. Anders als der private Pkw ist der Innenraum der Busse innen für die Fahrgäste ja beleuchtet. Das hat Einfluss auf die Sicht nach außen, wenn es dunkel ist.

Wir hören immer wieder Beschwerden von Rad­fah­rer*innen, dass Busfahrer*innen sich nicht an den Überhol­abstand halten und Radfahrer*innen gefährden. Was sagen Sie dazu?

Ich kann da nur für die Hochbahn und unsere Ausbildung sprechen, da ist das ganz klar geregelt: Wenn der Überholabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden kann, darf der Bus nicht überholen. Das wird bei uns konsequent so geschult.

„Ich sage immer: Erst gucken, dann losfahren!“

 

Und wenn durch das langsame Hinterherfahren der Fahrplan nicht eingehalten werden kann, geraten die Fahrer*innen dann nicht unter Druck? Und es gibt vielleicht auch Beschwerden von Fahrgästen, denen das zu lange dauert.

Nein, das kann ich nicht bestätigen. In der Innenstadt, in der alle paar Hundert Meter Haltestellen sind, verlieren wir keine Zeit. Da kommt man eh nur langsam voran. Und Beschwerden von Fahrgästen sind mir bislang nicht zu Ohren gekommen. Nehmen Sie etwa als Beispiel die Osterstraße, da hat sich die Situation für beide Seiten mehr und mehr entspannt. Hier muss der Bus fast immer hinter den Radfahrer*innen bleiben, weil durch die Mittelinseln zu wenig Platz zum Überholen ist. Und bis so ein Bus mit ausreichend Platz überholt hat, ist er quasi schon an der nächsten Haltestelle.

Mit Lkw kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen, vor allem beim Abbiegen. Bisher sind solche Unfälle mit Bussen in Hamburg noch nicht vorgekommen. Was ist bei Bussen anders?

Ich kann es für die Lkw letztendlich nicht beurteilen, kann aber für unseren Bereich sagen, dass wir immer predigen: Erst gucken, dann fahren – und zwar in Schrittgeschwindigkeit. Das ist Vorschrift. Außerdem ist der Fensterbereich beim Bus größer, und vorn geht die gläserne Tür fast bis zum Boden. Hier haben wir grundsätzlich einen guten Ausblick und können andere Verkehrsteilnehmer*innen besser sehen. Zusammenstöße zwischen Rad und Bus kommen extrem selten vor.

"Wir predigen immer einen defensiven Stil"

 

Bei Lkw wird ja für die Zukunft auf die Abbiegeassistenten gesetzt, die helfen sollen, diese gefährlichen Situationen zu vermeiden. Sind die nicht auch für Busse sinnvoll?

Wie gesagt, bei den Bussen sind die Sichtbeziehung und natürlich auch die Fahrsituationen anders als beim Lkw, das kann man nicht übertragen. Die gängigen Abbiegeassistenten für Lkw würde jede Bewegung von Fußgängern im Seitenbereich bei jeder Anfahrt einer Haltestelle als Gefahr melden, das wäre kontraproduktiv. Aber natürlich suchen und testen die Verkehrsunternehmen unterstützende technische Lösungen. Aber auch mit einem gut entwickelten Abbiegeassistenten gilt die goldene Regel: Erst gucken, dann fahren.

Können Sie es nachvollziehen, dass viele Rad­fahrer*innen sich unwohl fühlen, wenn ein Bus neben ihnen fährt?

Natürlich, der Bus wirkt durch seine Größe, sein Gewicht und die Geschwindigkeitsdifferenz per se gefährlicher. Daher predigen wir grundsätzlich einen defensiven Fahrstil.

Sie kennen ja beide Seiten im Verkehr – gibt es etwas, das Sie den Rad­­fahr­er*innen mit auf den Weg geben möchten?

Mir fällt dazu zum Einen die Situation in der Einbahnstraße ein, die in der Gegenrichtung für den Fahrradverkehr freigegeben ist. Hier ist es manchmal sinnvoll, einfach anzuhalten und den Bus durchzulassen. Und als Zweites der Moment auf der Straße, wenn der Bus aus der Haltestelle losfahren will und blinkt. In der Fahrschule lernen alle Autofahrer*innen, dass man den öffentlichen Nahverkehr vorlässt. Das gilt also auch für Radfahrer*innen, wenn sie auf der Straße fahren. Einfach mal anhalten. Das ist dann sowieso angenehmer für die Weiterfahrt, wenn der Bus vor einem ist.

Noch eine ganz andere Frage zum Schluss: In U- und S-Bahnen ist die Fahrrad­mitnahme zu bestimmten Zeiten erlaubt. Wie ist es eigentlich bei Bussen?

Das Fahrrad ist ein Fahrzeug und hat damit einen anderen Status als ein Kinderwagen oder ein Rollator. Es gehört nicht zu den Mobilitätshilfen und damit besteht kein generelles Recht, mit Rad befördert zu werden. In den Metrobuslinien, also den innerstädtischen Hauptlinien, ist eine Mitnahme nicht möglich, die sind zu den normalen Zeiten immer recht voll. Die Buslinien, in denen Fahrräder außerhalb der Sperrzeiten wie in der U-Bahn mitgenommen werden können, sind mit einem Fahrradsymbol gekennzeichnet. Aber auch hier gilt: Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühle haben natürlich immer Vorrang. Eventuell müssen Sie Platz machen und wieder aussteigen. Grundsätzlich entscheiden wir, was machbar ist. Daher mein Tipp an alle: Einfach Fahrerin oder Fahrer vorne ansprechen. Reden hilft immer.

Interview: Sabine Michaelis

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